SKULPTUR
Das Menschliche, Allzumenschliche in seiner Vielschichtigkeit versuche ich zu begreifen.
In meinen Skulpturen verarbeite ich Lebenssehnsucht und -geschichte des Menschen und seine Abgründe in einer direkt erlebbaren Körperlichkeit.
Meine Torsi erscheinen wie Bruchstücke aus vergangener Zeit, wirken vollkommen und unvollkommen zugleich und sind deshalb vielleicht zutiefst menschlich?
Oder sind sie doch frisch aus der Erde geformt und hoffen auf Vollendung?
eines meiner Lieblingsgedichte
Im Beginn schuf Gott die Sonne,
Dann die nächtlichen Gestirne;
Hierauf schuf er auch die Ochsen,
Aus dem Schweiße seiner Stirne.
Später schuf er wilde Bestien,
Löwen mit den grimmen Tatzen;
Nach des Löwen Ebenbilde
Schuf er hübsche kleine Katzen.
Zur Bevölkerung der Wildniß
Nach des Menschen holdem Bildniß
Schuf er intressante Affen.
Satan sah dem zu und lachte:
Ey, der Herr kopirt sich selber!
Nach dem Bilde seiner OchsenMacht er noch am Ende Kälber!
Ich der Herr kopier’ mich selber,
Nach der Sonne mach’ ich Sterne,
Nach den Ochsen mach’ ich Kälber,
Mach’ ich kleine liebe Katzen,
Nach den Menschen mach’ ich Affen;
Aber du kannst gar nichts schaffen.
Die Menschen, Löwen, Ochsen, Sonne;
Doch Sterne, Kälber, Katzen, Affen,
Erschuf ich zu meiner eigenen Wonne.
In einer Woche war’s abgethan.
Doch hatt’ ich vorher tief ausgesonnen
Jahrtausendlang den Schöpfungsplan.
Das Schaffen selbst ist eitel Bewegung,
Das stümpert sich leicht in kurzer Frist;
Jedoch der Plan, die Ueberlegung,
Das zeigt erst wer ein Künstler ist.
Ich hab’ allein dreyhundert Jahre
Wie man am besten Doctores Juris
Und gar die kleinen Flöhe macht.
Hab’ am Ende nun vollbracht
Diese große, schöne Schöpfung,
Und hab’ alles gut gemacht.
Wie die Sonne rosengoldig
In dem Meere wiederstralt!
Wie die Bäume grün und glänzend!
Ist nicht Alles wie gemalt?
Sind nicht weiß wie Alabaster
Ist sie nicht so schön vollendet
Und natürlich die Natur?
Ganz von meiner Herrlichkeit,
Und der Mensch er wird mich lobenBis in alle Ewigkeit!
Das saugt sich nicht aus dem Finger;
Kein Gott erschafft die Welt aus Nichts,
So wenig, wie irdische Singer.
Aus vorgefundenem Urweltsdreck
Erschuf ich die Männerleiber,
Und aus dem Männerrippenspeck
Erschuf ich die schönen Weiber.
Den Himmel erschuf ich aus der Erd’
Der Stoff gewinnt erst seinen Werth
Durch künstlerische Gestaltung.
Neue Gedichte, Verschiedene
S. 129–136, 1. Auflage, 1844